Das 2. Pflegestärkungsgesetz (PSG II)
Das Wichtigste zuerst:
Leistungen aus der Pflegeversicherung gibt es nur auf Antrag
und auch nur ab dem Monat der Antragstellung.
Daher ist es wichtig, rechtzeitig einen Pflegegrad zu beantragen.
Der Deutsche Bundestag hat am 13. November 2015 das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) verabschiedet. Die Kernpunkte sind ein neuer Begriff der Pflegebedürftigkeit und ein neues Instrument für die Begutachtung. Zum ersten Mal soll eine einheitliche Systematik Pflegebedürftigkeit sowohl anhand von kognitiven als auch anhand von somatischen Kriterien feststellen. Das heißt: Auch Menschen mit ausschließlich psychischen Schwierigkeiten (z. B. Demenz) erhalten einfache Leistungen der Pflegeversicherung. Der neue Begriff der Pflegebedürftigkeit gilt ab dem 01. Januar 2017. Als pflegebe-
dürftig gelten Personen mit Beeinträchtigungen der Selbst-
ständigkeit, die bei bestimmten Aktivitäten eine Unterstützung
benötigen und nach Begutachtung einen Pflegegrad erhalten.
Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Beeinträchtigung-
en im körperlichen oder im psychischen Bereich liegen. Auch in
Zukunft ist nur pflegebedürftig, wer dauerhaft beeinträchtigt ist
Hier wird ein Zeitraum von mind. 6 Monaten anerkannt. Der
Pflegebedarf wird ab dem 01. Januar 2017 neu berechnet.
Hierbei werden in sechs Modulen die persönlichen Beein-
trächtigungen der Selbstständigkeit bestimmt und in Punkten
zusammengerechnet. Die entscheidenden Module sind Selbst-
versorgung, Mobilität, Verhaltensweisen und psychische Pro-
blemlagen, kognitive (erkennen und wahrnehmen) und kommu-
nikative (kontaktfreudig,miteilsam) Fähigkeiten, Umgang mit
Krankheits- und Therapiebedingten Anforderungen und Belas-
tungen, Gestaltung des Alltaglebens und der sozialen Kontakte.
Ermittelt werden auch die außerhäuslichen Aktivitäten und die
Haushaltsführung. Bei der Ermittlung des Pflegegrades werden
diese beiden nicht berücksichtigt. Sie können aber bei der indi-
viduellen Pflegeplanung oder der Beratung helfen. Sofern die
Versicherten zustimmen, gelten außerdem die Empfehlungen
der Gutachter/innen zu Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln in Zu-
kunft automatisch als ein Leistungsantrag bei der Pflege- oder
Krankenkasse. Eine der wichtigsten Änderungen der Reform ist
der Wechsel von drei Pflegestufen hin zu fünf neuen Pflegegra-
den. Übergangsregelungen sollen vermeiden, dass zu viele
Neubegutachtungen die Begutachtungsinstitutionen überfor-
dern. Daher werden Pflegebedürftige ohne erheblich einge-
schränkte Alltagskompetenz im „einfachen Stufensprung" je
eine Stufe hochgestuft. Pflegestufe 1 wird dann Pflegegrad 2.
Pflegebedürftige wie Demenzkranke, die zusätzlich in Ihrer
Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt sind, werden im
doppelten Stufensprung je zwei Stufen hochgestuft. Hier wird
z. B. die Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz zu
Pflegegrad 4. Diese Änderung bedeutet allerdings, dass der
Beitragssatz zum 01. Januar 2017 zur Pflegerversicherung um
0,2 Prozentpunkte von 2,35 % auf 2,55 % beziehungsweise für
Kinderlose auf 2,8 % Punkte ansteigt. Pflegededürftige in stati-
onären Pflegeeinrichtungen tragen einen Teil der Kosten für
ihre Pflege selbst. Dieser Kostenanteil steigt mit zunehmender
Pflegebedürftigkeit. Ab 2017 werden daher alle Pflegebedürftige
der Pflegegrade 2 bis 5 in den stationären Pflegeeinrichtungen
den gleichen Betrag als Anteil an den Pflegekosten tragen. Da-
durch soll verhindert werden, dass mit steigendem Pflegegrad
auch der Eigenanteil steigt. Der Anspruch auf eine zusätzliche
Betreuungs- und Entlastungsleistung wird zum besseren Ver-
ständnis in Zukunft dann Entlastungsbetrag heißen. Ab 2017
sollen alle Anspruchberechtigten einen einheitlichen Entlas-
tungsbetrag von 125,00 € erhalten. Dieser Betrag kann dann
z. B. für die Kostenerstattung von Leistungen der Kurzzeitpflege
oder der teilstationären Tages- und Nachtpflege zugelassener
Pflegedienste verwendet werden. Allerdings soll der Entlas-
tungsbetrag in Zukunft nicht mehr für Leistungen für die Grund-
pflege durch Pflegedienste eingesetzt werden können. Es soll
vielmehr den Anreiz verstärken, den Betrag vor allem zur Ent-
lastung von Angehörigen und anderen Pflegepersonen einzu-
setzen. Die Einordnung in die fünf Pflegegrade die die bisheri-
gen drei Pflegestufen ersetzen, werden nicht mehr nach Pflege-
minuten bestimmt, sondern die mit dem neuen Begutachtungs-
instrument ermittelten Punkte. Ab dem 01. Januar 2017 zahlt die
Pflegeversicherung Beiträge zur Rentenversicherung für nicht
erwerbsmäßige pflegende Angehörige wenn diese eine oder
mehrere Personen mit Pflegegrad 2 oder höher wenigstens 10
Stunden in der Woche pflegen und diese sich auf mindestens
zwei Tage in der Woche verteilen. Die Höhe der Beiträge richtet
sich nach dem Pflegegrad der gepflegten Person und der bezo-
genen Leistungsart (Pflegesachleistung, Pflegegeld, Kombina-
tionsleistung). Bis zum 31. Dezember 2016 gelten die bisheri-
gen Regelungen wie z. B. die Definition von Pflegebedürftigkeit,
die Begutachtung und Einstufung in die Pflegestufen sowie die
Höhe der Leistungen. Der Sozialverband begrüßt, dass mit
dem neuen Gesetz endlich der Begriff von Pflegebedürftigkeit
und Pflegebegutachtung neu klargestellt wird. Kritisch wird
allerdings gesehen, daß die Leistungen in den niedrigen Pfle-
gegraden vor allem die stationäre Pflege zum Teil erheblich
gesenkt wird. Zusammen mit den zukünftig einrichtungseinheit-
lichen Eigenanteilen, die die niedrigen Pflegegrade ebenfalls
stärker belasten, kann dies eine erhebliche Verschlechterung
für den Personenkreis bewirken. Auch wird kritisch beurteilt,
dass das Risiko pflegebedingter Armut weiter unberücksichtigt
bleibt. Der Sozialverband fordert daher eine regelmäßige
Anpassung der Pflegeversicherungsleistungen an die Preis-
und Lohnentwicklung sowie mittelfristig die Weiterentwicklung
hin zur Pflegevollversicherung. Für bedauerlich hält der SoVD,
dass das Zweite Pflegestärkungsgesetz keine grundsätzlichen
Maßnahmen zur Stärkung der solidarischen Umlagefinanzier-
ung enthält. Der Sozialverband fordert daher die Weiterent-
wicklung der Pflegeversicherung hin zu einer Bürgerversicher-
ung. Für eine Beratung stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in der Kreisgeschäftsstelle des SoVD in Schleswig
zur Verfügung. Voraussetzung für eine Beratung ist allerdings
die Mitgliedschaft im Sozialverband. Weitere Auskünfte erteilen
Ihnen auch gerne Herr Walter Kollhorst aus Jagel unter der
Telefon-Nr. 04624-8735 und Herr Ernst-August Fürst aus Bus-
dorf unter der Telefon-Nr. 04621-31052.
Ernst-August Fürst